boersengefluester.de: "Die richtig großen Projekte kommen erst noch"
Zu unseren Lieblingsnewslettern aus dem Finanzsektor zählt seit langer Zeit Momentum von der BankM. In unregelmäßigen Abständen gibt es hier ausführliche Interviews, Auswertungen zur Relativen Stärke von Einzelaktien und Hinweise zu Themen, die den Kapitalmarkt auf ganz besondere Weise berühren – etwa Familienunternehmen an der Börse. Ganz aktuell hat die BankM ein Interview mit Thomas H. Günther, dem Vorstand von CeoTronics geführt, was wir hier in voller Länge präsentieren – angereichert mit den üblichen Investor-Informationen von boersengefluester.de. Das in Rödermark unweit von Frankfurt ansässige Unternehmen bietet spezielle Kommunikationssysteme an, wie sie etwa von der Polizei, der Feuerwehr oder auch im Verteidigungsbereich eingesetzt werden. Die kürzlich vorgelegten Zahlen für das Geschäftsjahr 2019/20 (31. Mai) sahen richtig gut aus. Im Gespräch mit BankM spricht Thomas H. Günther über die Vorteile eines vollen Lagers, die zunehmende Bedeutung von Software innerhalb der Branche und mögliche Dividendenausschüttungen in der Zukunft. Wer sich für den kostenlosen Newsletter unseres Kooperationspartners BankM anmelden möchte, kann das unter diesem LINK sehr gern tun.
BankM: Herr Günther, Anfang September haben Sie die Zahlen für das Geschäftsjahr 2019/20 veröffentlicht. Der Umsatz verbesserte sich um 44 Prozent auf die Rekordhöhe von 24,5 Mio. Euro. Was macht CeoTronics derzeit so erfolgreich?
Thomas H. Günther: Auf der Nachfrageseite beobachten wir seit etwa zwei Jahren eine Auflösung des langjährigen Investitionsstaus im Bereich der staatlichen Sicherheits- und Ordnungskräfte. Sowohl personell als auch technisch wird an vielen Stellen nachgerüstet und als Marktführer für hochwertige Kommunikationssysteme, die auch unter widrigsten Umgebungsbedingungen jederzeit sicher funktionieren, partizipiert CeoTronics an dieser Entwicklung. Dazu kommt, dass wir zur richtigen Zeit die richtigen Produkte auf den Markt gebracht haben. So zum Beispiel ein mobiles, digitales Vollduplex-Kommunikationssystem für lokale Anwendungen, das unter Einsatz neuster Technologie für den zielgruppenübergreifenden Einsatz konzipiert und 2019 mit dem DECT Award Innovation ausgezeichnet wurde. Die positive Unternehmensentwicklung war mit der zunehmenden Zahl an Großaufträgen bereits länger ersichtlich, aber so schnell hatten wir mit einem Umsatzsprung dieser Größenordnung selbst nicht gerechnet.
BankM: Insbesondere, weil die Corona-Pandemie sicherlich auch Ihr Geschäft erschwert hat.
Günther: Natürlich. Neben dem durch Reiseverbote und Messeabsagen erschwerten Neukundengeschäft, hat sich insbesondere der ohnehin schwierige Beschaffungsmarkt für elektronische Bauteile durch die zwischenzeitliche Störung der Lieferketten noch einmal verschärft. Mit Blick auf den sehr hohen Order-Forecast hatten wir Bestellungen und Bevorratung aber trotz manch kritischer Stimme schon weit vor der Pandemie hochgefahren. Dass wir dafür teils schlechtere Konditionen in Kauf genommen haben, hat sich am Ende ausgezahlt. Wir waren zu jeder Zeit lieferfähig und haben bei den wichtigsten Bauteilen noch Vorräte für rund ein Jahr auf Lager.
BankM: Was bedeutet der Umsatzsprung für die Zukunft, eigentlich war die 25-Millionen-Euro-Grenze ja eher ein Mittelfristziel?
Günther: Im unsicheren aktuellen Umfeld sind quantitative Prognosen sehr schwierig. Richtig ist, dass wir früher als geplant ein sehr hohes Umsatzniveau erreicht haben. Klar ist auch, dass eine Wachstumsrate von 44 Prozent nicht der Normalfall ist. Für das laufende Geschäftsjahr planen wir deshalb konservativ und gehen zunächst einmal nur von einer leichten Umsatzsteigerung aus.
BankM: Auch, weil die Investitionsbereitschaft der staatlichen Kunden infolge der hohen Kosten der Corona-Krise wieder zurückgehen könnte und 2021 wichtige Wahlen anstehen? Die verzögerte Regierungsbildung im Anschluss an die letzte Bundestagswahl bedeutete für CeoTronics immerhin vier Monate Kurzarbeit, weil wichtige Budgets nicht freigegeben werden konnten…
Günther: Wir gehen davon aus, dass die erhöhte Investitionstätigkeit der staatlichen Sicherheits- und Ordnungskräfte unabhängig von den Kosten der Corona-Pandemie oder kommenden Wahlergebnissen anhält. Auftragsbestand und Order-Forecasts stützen diese Einschätzung und etwas anderes wäre auch weder den Einsatzkräften noch den Bürgern oder Bündnispartnern vermittelbar. Zudem sind viele Projekte im behördlichen Sicherheitsbereich extrem langfristig budgetiert. Und wenn 15.000 neue Polizisten eingestellt werden, benötigen diese ja nicht nur Uniformen, sondern auch moderne Kommunikationssysteme. Die richtig großen Projekte kommen erst noch, bin ich überzeugt. Dazu dürfte sich ab Anfang 2021 auch die Investitionstätigkeit in der Industrie wieder erholen. Hier möchten wir in den nächsten Jahren verstärkt angreifen, denn viele unserer Neuentwicklungen eignen sich auch ganz besonders für industrielle Anwendungen. So sind zum Beispiel multifunktionale Bedienteile mit mehreren Funktionskreisen nicht nur bei staatlichen Einsatzkräften gefragt, sondern bei Schwertransporten oder Werksfeuerwehren gibt es ganz ähnliche Anforderungen.
BankM: Das lässt Ihren Ausblick noch konservativer wirken.
Günther: Natürlich ist eine zweistellige Umsatz-Wachstumsrate auch im laufenden oder im nächsten Geschäftsjahr nicht völlig undenkbar. Aber das können sich andere vorstellen, wir planen und kommunizieren keine Best-Case-Szenarien. Stattdessen freuen wir uns lieber, dass wir einen Teil der für das Geschäftsjahr 2020/21 geplanten Entwicklung vorweggenommen und schon jetzt so ein hohes Umsatzniveau erreicht haben.
BankM: Umso wichtiger ist die Margenentwicklung. 2019/20 stieg die EBIT-Rendite auf 10,2 Prozent, auch weil der Rekordumsatz mit gleichbleibender Mitarbeiterzahl erzielt wurde. Wo sehen Sie Stellschrauben für weitere Verbesserungen?
Günther: Unser Vertriebsfokus liegt noch stärker auf anspruchsvollen Kunden, die höchsten Wert auf innovative Produkte, beste Qualität und kundennahen Service legen. Darauf wurde das erneuerte Produkt-Portfolio ausgelegt, von alten, margenengen Produkten haben wir uns in diesem Zuge getrennt. 2019/20 haben wir unsere neuen Produkte erstmals in Großserie hergestellt. Die zeitgleichen Produktionsanläufe haben sich in erhöhten Kosten niedergeschlagen, etwas, das sich so im laufenden Geschäftsjahr nicht wiederholen wird. Zudem optimieren wir fortlaufend die Produktions- und Prüfverfahren und können so die Produktionszeiten weiter reduzieren. Die Preisentwicklung auf dem Beschaffungsmarkt ist schwer vorhersehbar, aber eine Entspannung könnte ebenfalls zu einer Margenverbesserung beitragen.
BankM: Sie haben angekündigt, die Produktionskapazitäten flexibel erweitern zu wollen. Ist die Kapazitätsgrenze mit dem aktuellen Umsatzniveau erreicht und welche Rolle spielt der Neubau in Rödermark?
Günther: Mit der aktuellen Personalstruktur sind wir bei gleichbleibender Auftrags-/Umsatzstruktur sicherlich nah am Limit. Deshalb setzen wir auf einen gezielten Personalausbau inkl. Höherqualifizierung in Verbindung mit einem Ausbau der Kapazitäten bei unseren Produktionspartnern. Gerade am Standort der CT-Video GmbH können die Produktionskapazitäten für die Audioprodukt-Lohnfertigung erhöht werden. Der 600qm-Neubau am Stammsitz in Rödermark wird in erster Linie einen Teil der bestehenden Mitarbeiter beheimaten. Dafür entsteht im alten Gebäudebestand Platz für einen Ausbau der wichtigen Bereiche FuE, Operations, Produktmanagement und Qualitätssicherung.
BankM: Fortlaufende technologische Innovationen sind für einen Premiumanbieter wie CeoTronics besonders wichtig, um die Leistungsführerschaft langfristig sicherzustellen. An was für spannenden Technologien arbeiten Sie gerade?
Günther: Wir erwarten einen Trend hin zu PoC-Anwendungen (Push over Cellular). Die Technik adaptiert neue Medien wie LTE-/5G ohne, dass die Einsatzkräfte das Hardware-Device in der Hand halten müssen. Sie können sich das wie eine einfach und sicher anzuwendende Fernbedienung vorstellen. Denn auch mit neuen Medien müssen sich die Nutzer auf die eigentlichen Aufgaben konzentrieren können. Ein erstes PoC-Produkt haben wir bereits auf dem Markt, das Feedback ist vielversprechend.
BankM: Entwickelt CeoTronics solche Produkte eigenständig oder im Auftrag und mit Unterstützung der jeweiligen Kunden?
Günther: Die Kommunikation mit dem Bedarfsträger ist immer essentiell. Wir müssen wissen, wie ein Produkt von wem und unter welchen Bedingungen später genutzt werden soll. Je nach Ausprägung der Entwicklungsarbeit sind die Entwicklungszeiten etwas kürzer oder länger. Experimentelle Forschung ganz ohne den Kunden können wir uns nicht leisten, auch wenn sich Standardlösungen heute durch Software individualisieren lassen.
BankM: Welche Rolle spielen Digitalisierung und Softwareeinsatz bei den Produkten von CeoTronics?
Günther: CeoTronics hat diesen Trend frühzeitig erkannt und mit der Abteilung „Software-Entwicklung“ Kompetenz im eigenen Haus aufgebaut. Unsere neuen Produkte sind komplett softwaregesteuert. Zusätzliche Features oder kundenseitig gewünschte Änderungen des Bedienkonzepts können mit kostenpflichtigen Updates realisiert werden. Bedientasten sind nicht mehr beschriftet, sondern nur noch nummeriert, so dass sie je nach Anwendungsszenarien und Bedienungsanforderungen individuell mit Funktionen belegt werden können. Flexibilität und Lebensdauer steigen dadurch enorm. Gerade unter schwierigen Umgebungsbedingungen ist es wichtig, effizient zu arbeiten und dazu trägt das Kommunikationsequipment von CeoTronics bei.
BankM: Wächst durch den Plattformgedanken auch der Dienstleistungsbereich und entstehen neue Bezahlmodelle, wie wir Sie aus der Softwareindustrie kennen?
Günther: Die Bedeutung des Dienstleistungsbereiches wird sicherlich zunehmen. Der Anteil vertraglich langfristig gesicherter Wartungsarbeiten ist derzeit aber noch gering, genauso wie der von Lizenzmodellen für Softwareanwendungen. Das dürfte sich mit der Zeit aber ändern. Mit den neuen Produkten sind wir deshalb dabei, entsprechende Modelle zu entwickeln, die in Zukunft vor allem bei Großkunden Anwendung finden könnten.
BankM: In der Vergangenheit führte die Abhängigkeit von einzelnen Großkunden teilweise zu hohen Schwankungen bei Umsatz und Auftragseingang. Sicherlich ein Grund, warum manche Investoren aktuell trotz der guten Zahlen erst einmal abwarten.
Günther: Vor einigen Jahren hatten wir nur wenige Großprojekte in Arbeit, die bei Verschiebungen über den Stichtag hinaus zu größeren Schwankungen bei Umsatz und Ergebnis führen konnten. Gerade bei einer Umsatzgröße zu nah am Break-even konnte das zu einem negativen Ergebnis führen. Der Auftragseingang der vergangenen zwei Jahre sowie der aktuelle Auftragsbestand (31. Mai 2020: 22,4 Mio. Euro) liegen nicht nur deutlich über den historischen Werten, sondern sind auch von einer höheren Anzahl an größeren Projekten geprägt – verteilt auf mehrere der Kundenzielgruppen Polizei, Militär und Industrie sowie im In- und Ausland. Viele dieser Aufträge werden über einen längeren Zeitraum in mehreren Lieferlosen und/oder mit mehreren Leistungs-Milestones abgewickelt. Weitere größere Aufträge befinden sich zudem in der Vorbereitung. Entsprechend gut sind die Voraussetzungen für eine kontinuierliche positive Geschäftsentwicklung.
BankM: Dann könnten ja auch Dividenden bald wieder zum Thema werden. Unsere Analysten schätzen (Download der Studie HIER), dass der Bilanzgewinn vielleicht schon 2020/21 über der Ausschüttungssperre liegt und der Differenzbetrag spätestens 2021/22 hoch genug ist, um der Hauptversammlung eine Dividendenzahlung vorzuschlagen.
Günther: Das Erreichen einer nachhaltigen Dividendenfähigkeit haben wir uns vorgenommen – wir sind auf gutem Weg dorthin. Zum gegebenen Zeitpunkt werden wir uns dann anschauen, wie wir die Interessen aller Stakeholder bestmöglich berücksichtigen können. Dass wir bereit sind unsere Investoren angemessen zu beteiligen haben wir in der Vergangenheit ja schon unter Beweis gestellt.
Thomas H. Günther führt die CeoTronics AG seit dem 1. Juni 2018 als Alleinvorstand und behandelt fachübergreifende Themen und Aufgabenstellungen im intensiven Dialog mit den fünf Bereichsleitern / Prokuristen. Er ist seit dem Jahr 2000 Mitglied des Vorstands (damals als Chief Marketing Officer) und wurde 2003 zum CEO und Vorstandsvorsitzenden. Tätig bei CeoTronics ist Günther bereits seit 1995.